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Sächsische Archäologen finden komplette Pechsiederei

Sächsische Archäologen finden komplette Pechsiederei

Thu 29.Jan.15 11:00

MÜHLROSER PECHOFEN
Es ist bald Mittag, 11 Uhr am 29.1.2015. Im Turm am Schweren Berg in Weißwasser war eine durchaus bedeutende Pressekonferenz. Neugierig wie Ziege bin ich hingefahren und wollte natürlich nichts verpassen. Jemand hatte gemeint, daß hier etwas gefunden wurde im Tagebau. Als wir angekommen waren, war dann da eine Pressekonferenz der Archäologen des Gebietes um den Tagebau Nochten/Reichwalde. Stolz präsentierte Ausgrabungsleiter Peter Schöneburg einen neuen Fund. Nicht nur Pechofenreste, wie man diese bereits seit 2010 ausgegraben hatte, sondern eine ganze Pechsiedeanlage mit einem Pech-/Teerofen und 2 Pechsiedeöfen, Holzkohleöfen. Es ist eins der ersten Denkmäler der Lausitzer Industriegeschichte. Pechöfen wurden meist an und auf Hügeln weit ab von den Ortschaften angelegt.
Die Fundstelle war in der Nähe des Flurnamen Pechofendickicht. Sogenannte Pechrichter waren für die Erbauung und Erhaltung der Pechofenanlagen zuständig. Die Fachrichter kassierten bei herrschaftlichen Öfen sogenannten Pechzins von den Benutzern der Pechöfen.Seit 2010 wurden an 5 Fundstellen über mehrere km in eine Linie von Pechofenresten im Tagebau Nochten freigelegt. Etwa 3 in der Nähe der ehemaligen Mühlroser Straße nach Weißwasser, einer soll am Eichgarten gewesen sein und einer nähe der Kiesgrube an der Waldeisenbahn.
Die nun gefundene, etwa geschätzt 100x100m große Anlage soll aufgrund von bestimmbaren Daten der Siedegefäße wohl auf die Zeit um 1324 datierbar sein. Genau konnte ich mir die Sache als interessierter Schleifer Sorbe leider nicht anschauen, weil in zu diesen Anlässen von Vattenfall einzeln geladene ausgesuchte Gäste zu dieser archäologischen Anlage gefahren wurden.
Pechgeschichte(n)
Egal, Mutter kennt sich gut aus mit diesen Dingen und so sagte sie mir, daß die Pechherstellung sein über 80000 Jahren bekannt ist. Früher wurde dies aus Birkenzweigen hergestellt, das sogenannte Birkenpech. Schon im Alten Testament bei Noahs Arches soll Pech als Verdichtungsmittel verwendet worden sein. Zur Vogeljagd wurden z.B. Äste mit Pech bestrichen, in der Hoffnung, daß der zu jagende Vogel nicht wegkonnte. So entstand der Begriff Pechvogel. Eine andere Deutung des Begriffes stammt aus der Gerichtsbarkeit des Mittelalters, wo man den Täter geteert und gefedert hatte, sah dieser aus wie ein Pechvogel. Früher wurde als Waffe zur Verteidigung einer Burg Pechnasen verwendet, mit der die Angreifer überschüttet wurden. So kam wohl die Redensart, „der hat Pech gehabt zustande“. Man denke an Pechmarie, die im Märchen, weil Sie zu faul war, an dem Tore mit Pech überschüttet wurde.
SAGE: MÜHLROSER PECHOFEN
Eines Tages war der Bauer Panoscha bei der Pechherstellung gewesen. Da flog ein Greifvogel zu ihm hin, setzte sich und sprach: „Pnoŝka, daj mi wódu, ja cu
wódku pić.“
Panoscha war verdutzt und mußte zuschauen, wie der Greif das Pech trank. Daraufhin schüttelte sich der Greif und kotzte das Pech auf einen Feldstein drauf, sodaß der Stein von einer Seite befleckt schwarz für immer blieb.
Nun verging einige Zeit und dieser Stein wurde im herrschaftlichen Schafstall verbaut. Seit dieser Zeit spukte es im Stall. So rumpelte es Nacht um Nacht im Stall.
Manchmal sprangen in der Nacht die Schafe über das Gatter, aber nicht mehr zurück und manchmal kämpften 2 schwarze Ziegen. Nacht um Nacht ging dies so bis der Stall umgebaut wurde. Den Stein verbaute man später nicht mehr und es war Ruhe von dem Spuk für immer.
Herstellungsweise von Pech
Die Herstellungsweise war von ihr kurz beschrieben. In einem oval bis kugelförmig, aus Lehm oder Lehmziegeln aufgebauten Pechofen mit Tonkessel wurde immer wieder kieniges harzhaltiges Wurzelholz in Scheiten straußförmig mehrfach übereinander geschichtet. In manch großen Pechofen passten 24 Fuder (Wagenladungen) hinein. Unter der Brandstelle des Ofens war ein Auffanggefäß für den aus dem Holzharz gewonnenen Teer mit Loch. Unter diesem wiederum konnte man noch ein Auffanggefäß gepackt haben oder eine Grube, wo das durch entsprechende Hitze flüßiges gewonnene Pech in 2-8 Tage ausgesiedet wurde. Als Nebenprodukt fiel Holzkohle an.
Verwendungsmöglichkeiten
Es gab derer viele für Pech. Meist zum Zweck je nach Konsistenz von Pech oder Teer für Materialkonservierung, Klebung, Schmierung, Abdichtung verwendet worden, z.B. für Wagenräder, für die Haltbarmachung und Stärkung von Garnen (Schusterhandwerk), Stricken, Konservierung von Dachbalken, Balken. Planen aus Stoff wurde imprägniert. Ja sogar in der Medizin wurde es verwendet.
Wer mal ein Furunkel hatte, kennt unter Umständen die sogenannte desinfizierend und antiseptisch wirkende Zugsalben, auch Teersalbe genannt.
Schulprojekte
Der Künstler Hans-Joachim Klei hatte mich darauf hingewiesen, daß Weißwasser Pechöfen am Pechhüttenweg hatte und daß er selbst die aktuelle Hinweisbeschilderung anfertigte. Im Turm am Schweren Berg wurden wir informiert, daß die 6. Klasse der Bruno-Bürgel-Schule, die bei der Pressekonferenz anwesend war den Weißwasseraner Pechofen im Gebiet des Hermannsdorfer FFH betreuen darf und die dortigen Reste mit den Archäologen um Peter Schöneburg freilegen dürfen und sicher unter Anleitung eine Tafel dazu gestalten werden, eine Dokumentation und Wegeleitsystem zu dem Pechofen anfertigen werden, um das Ziel für den Radeltourismus zu erschließen.
Trebendorfer Pechofen
Im Trebendorfer Tiergarten gegenüber dem Rybnik an der Bahn hat auch Trebendorf einen Pechofen. Dieser ist versteckt mitten im Wald zwischen hunderte Jahren alten Kiefern und Birken. Reste liegen mitten im Wald auf etwa 20x20m.
Am Wegesrand nähe der Wiese bei Panachs steht eine Hinweistafel zum originalen Trebendorfer Pechofen, welcher dem Ortsteil, in welchen nun Umsiedler aus Trebendorf Hinterberg hingezogen sind den Namen gab. Die Tafel steht sicher etwas außerhalb, damit niemand das Original gleich findet oder mitnimmt. Man sollte das Original des etwa aus dem 15Jh. Stammenden Pechofen doch so belassen ohne etwas zu verändern. Nun meint es Vattenfall gut mit der Gemeinde Trebendorf und möchte im Andenken an den Mühlroser Pechofen und den Trebendorfer Pechofen der Gemeinde einen etwas ansehnlicher gestalteten Pechofen bzw. besser gesagt ein Pechofendenkmal übergeben und als Erinnerungswert, wie in dem Trebendorf-Vertrag vereinbart an Panachs Wiese aufstellen.
Rohner/Mulkwitzer Pechofen?
Im Abbaugebiet 2 der Ortsteile von Schleife, Rohne und Mulkwitz sind Flurnamen wie SMALA (Brandfleck), PECIŜĆO, PETĆOC GÓRA, und in der Gemeinde heimische Familiennamen wie PETSCH, PETSCHKE, PÖTSCHKE, SCHMALER, SMOL die auf etwas mit Pech hindeuten. Wenn das Abbaugebiet 2 in Anspruch genommen würde, fände man diese Pechöfen. Einige hoffen, daß dies Geheimnisse für immer bleiben.